Es ist Zeit für Grabfelder für Muslime

Seit 1874 ist das Führen der Friedhöfe Aufgabe der politischen Gemeinden. Damals ging es im Gefolge des Sonderbundskrieges zwischen katholischen und reformierten Ständen in der Schweiz um die Integration der beiden Konfessionen in die Gesellschaft der jungen Eidgenossenschaft. Darum die Bestattung von Katholiken und Reformierten nicht mehr auf getrennten kirchlichen Friedhöfen.

Heute geht es darum, dass die muslimischen Bürger und Einwohnerinnen ebenso Platz finden auf den kommunalen Friedhöfen, wo sie nach den Riten ihrer Religion und gemäss den Grundregeln des einheimischen Friedhofwesens bestattet werden können. Die Vereinbarungen in den grossen Städten zeigen, dass dies ohne Probleme möglich ist. Lösungen braucht es jetzt in grösseren Ortschaften mit einer grossen Zahl von muslimischen Einwohnern, die hier leben, arbeiten und Steuern zahlen und von denen ein Teil Schweizerbürger sind. Im Kanton Zürich gibt es sieben Gemeinden mit 1200 bis 2700 muslimischen Einwohnern. Dass es hier zu den Aufgaben der Behörden gehört, Grabfelder für Muslime zu schaffen, liegt auf der Hand.

Seit vier Jahren setzt sich die Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz GMS als Fürsprecherin dieses Anliegens bei Gemeindebehörden ein. Ich habe selber die Besprechungen geführt. Die Erfahrungen: Die Verantwortlichen der angesprochenen Gemeinden reagieren mit Verständnis, scheuen aber vor dem zu erwartenden parteipolitischen Hickhack zurück. Das verlängert die Wege. Wo die Realisierung in Kooperation mit Vertretern der Muslime an die Hand genommen wurden, sind die Erfahrungen auf beiden Seiten positiv: Behördenvertreter erleben die Muslime als verständig, kooperativ, Muslime fühlen sich – oft zum ersten Mal – von offizieller Seite wirklich ernst genommen, akzeptiert als Teil unserer Gesellschaft.

Die Rahmenbedingungen der Lösung: Die Muslime akzeptieren die bei uns übliche Erdbestattung im Sarg (nur soll es der einfachste Sarg ohne jede Auskleidung sein) und sie akzeptieren die Regel, dass im Laufe der Jahre übereinander drei Gräber errichtet werden (nur sollen die Überreste aus den unteren Gräbern nicht entfernt werden). Was als Besonderheit bleibt, ist die Ausrichtung der Gräber nach Osten und das Anliegen, dass das Grabfeld mit einem Lebhag oder einer niedrigen Umfriedung umgeben ist. Erwünscht ist, dass im Friedhofgebäude ein Raum für die rituelle Waschung der Verstorbenen zur Verfügung steht. Diesen Anliegen zu entsprechen, halte ich für problemlos.

Regelmässig taucht der Vorschlag auf: Die Juden haben ihre Privatfriedhöfe, für die sie selber aufkommen. Das sollen die Muslime doch auch tun. Die Jüdischen Friedhöfe entstanden Ende 19. Jahrhundert, wo es politisch vorrangig war, durch die staatliche Friedhofregelung die Gegensätze zwischen Katholiken und Reformierten zu überwinden. Da wollte man sich nicht mit der Verschiedenheit der jüdischen Bestattung befassen. Die Bewilligung von privaten Friedhöfen war ein langer, dornenvoller Weg: In Basel dauerte er 25 Jahre, in Bern 70. Damals war es noch möglich, in den Städten Land für den Jüdischen Friedhof zu kaufen. Muslime versuchten dies in Zürich vor einigen Jahren auch. Das Projekt scheiterte: Kein Land, politischer Widerstand, viel zu hohe Kosten. So kam es zu den Grabfeldern für Muslime auf dem Friedhof Zürich-Witikon.

Darum: Es ist Zeit für Grabfelder für Muslime.

Werner Kramer. Zürich

Ehrenpräsident GMS Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz

11.07.2025

Die GMS engagiert sich im Trägerverein des Schweizer Memorials

Was ist das Schweizer Memorial für die Opfer des Nationalsozialismus?

Mit dem Schweizer Memorial wird den unterschiedlichsten Opfern des Nationalsozialismus gedenkt. Es versteht sich als Erinnerungsort, Vermittlungsort und Netzwerk in einem.

Seit der Bundesrat im April 2023 entschieden hat, einen Erinnerungsort mit 2,5 Millionen Franken zu errichten, haben, unter Federführung des Eidgenössische Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), Vertreter:innen der Stadt Bern, des Schweizerisches Israelitischen Gemeindebunds (SIG) und des Archivs für Zeitgeschichte (AfZ) der ETH Zürich in Zusammenarbeit mit Fachpersonen intensiv am Projekt gearbeitet und dessen Strukturen aufgebaut und gefestigt.

Der Erinnerungsort ist heute auf der Casinoterrasse in Bern geplant, das «Vermittlungszentrum Flucht» in Diepoldsau.

Ein Trägerverein für das Schweizer Memorial

Seit 2025 gibt es neben des Netzwerkvereins auch den Trägerverein. Ihm obliegt die langfristige Verantwortung für den Erinnerungsort in Bern – insbesondere für dessen Betrieb, Pflege, Sicherheit und dessen Weiterentwicklung. Später kann der Trägerverein eine entsprechen Rolle für das geplante «Vermittlungszentrum Flucht» im St. Galler Rheintal übernehmen. Der Verein versteht sich als Bindeglied zwischen Zivilgesellschaft, Fachwelt und Behörden. Neben dem SIG und dem AfZ ist auch die GMS Mitgründerin des Trägervereins.

Die GMS engagiert sich für ein inklusives, zukunftsgerichtetes Gedenken und bringt ihre
Perspektive auf Minderheitenrechte und Erinnerungskultur ein.

Webseite des Schweizer Memorials
Medienmitteilung Wettbewerbslancierung

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Die GMS engagiert sich im Trägerverein des Schweizer Memorials
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