Ein wichtiger Schritt für mehr Teilhabe in der Schweiz
04.07.2023

Die Demokratie-Initiative der Aktion Vierviertel packt mit der Demokratie-Initiative ein wichtiges Anliegen zur Verbesserung der Teilhabe an der Schweizer Demokratie an. Das ist auch für Angehörige der Minderheiten in der Schweiz relevant, besitzen doch viele von ihnen (noch) keinen Schweizer Pass.

 

Ausschluss der sogenannten Ausländer:innen

Heute ist ein beachtlicher Teil der Schweizer Bevölkerung von den demokratischen Prozessen ausgeschlossen: die Personen ohne Schweizer Pass. In Schweizer Städten verfügen durchschnittlich 34% der Bewohner:innen über keinen Schweizer Pass. Sie sind hier geboren, als Kinder in die Schweiz gekommen oder als Erwachsene eingewandert. Sie sind in der Schweiz zu Hause und haben hier ihren Lebensmittelpunkt. Aber politische Rechte haben sie nicht. Das betrifft 2.2 Millionen von den insgesamt 8,8 Millionen Menschen, die in der Schweiz leben. Dieser Viertel ist juristisch gesehen ausländisch und ihnen ist das Stimm- und Wahlrecht auf Bundesebene verwehrt.

 

Das heutige Einbürgerungsverfahren ist wesentlich schuld daran

Diese demokratiepolitisch unbefriedigende Situation ist auch eine Folge willkürlicher und ausgrenzender Einbürgerungspolitik. Wir kennen kein Jus Solis, das heisst die Verleihung der Staatsangehörigkeit auf Grund des Geburtsortes. Selbst Angehörige der Dritten Generation müssen sich immer noch einem Einbürgerungsverfahren unterziehen, das zwar als erleichtert bezeichnet wird, aber immer noch grosse Hürden aufweist. Nach wie vor ist es in der Schweiz europaweit am schwersten, eingebürgert zu werden. Es gibt haarsträubende Geschichten über abgelehnte Einbürgerungsgesuche, zum Beispiel von Anja, die abgelehnt wurde, weil sie nicht wusste, in welchem Jahr das Cern gegründet wurde oder was das aktive und passive Wahlrecht sind. Oder Uvejsa, die abgelehnt wurde, weil sie nicht wusste, dass der höchste Berg auf dem Gemeindegebiet von Schübelbach nicht der Hausberg, sondern ein von der Ortschaft weit entfernter Berg ist. Oder ein 15-Jähriger aus dem Kanton Aargau, weil er sein Töffli frisiert hatte…

Diese Politik führt dazu, dass prozentual immer weniger Menschen Entscheide fällen, die für immer mehr Personen gelten, ohne dass sich diese dazu äussern können. So gerät die Demokratie in Schieflage, denn es ist für ein direkt demokratisches Land wie die Schweiz, das von der aktiven Beteiligung der Stimmberechtigten auf allen Ebenen des Gemeinwesens lebt, eine schlechte Entwicklung.

 

Lösungsvorschlag aus dieser unhaltbaren Situation

Um diesem störenden Demokratiedefizit ein Ende zu bereiten, setzt die Demokratie-Initiative bei der Einbürgerung an. Wer seit fünf Jahren rechtmässig in der Schweiz lebt, soll einheitlich das Recht auf Einbürgerung erhalten, wenn er oder sie konkrete Kriterien erfüllt. Heute können Kantone und Gemeinden über das Bundesrecht hinausgehende Voraussetzungen für die Einbürgerung festlegen. Dadurch werden unterschiedliche und oft subjektive Kriterien für eine Einbürgerung verlangt. Mit der Demokratie-Initiative wird die heute oft anzutreffende Willkür unterbunden und das Einbürgerungsverfahren schweizweit harmonisiert.

Dafür wird der Artikel 38 Absatz 2 der Bundesverfassung wie folgt geändert:

[Der Bund] erlässt Vorschriften über die Einbürgerung von Ausländerinnen und Ausländern. Anspruch auf Erteilung des Bürgerrechts auf Gesuch hin haben Ausländerinnen und Ausländer, die:

  1. sich seit fünf Jahren rechtmässig in der Schweiz aufhalten;
  2. nicht zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sind;
  3. die innere und äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährden; und
  4. Grundkenntnisse einer Landessprache haben.

 

Wer steht hinter dieser Initiative?

Die Initiative wurde von der Aktion 4/4 lanciert. Es sind Menschen aus der Zivilgesellschaft, die sich beruflich und privat mit Themen rund um Migration, Demokratie, Politik, gerechte Gesellschaften und gleichberechtigte Teilhabe in der Schweiz beschäftigen. Sie fordern, dass Bund, Kantone und Gemeinden Einbürgerungen im Interesse einer echten Demokratie aktiv fördern sollen. Das heutige Verfahren ziele auf Selektion und beruhe auf dem Verdacht, dass jemand etwas verlangen könnte, das ihm oder ihr nicht zusteht. Diese Haltung müsse sich ändern. In der Schweiz lebende Menschen, die noch keinen Pass haben, sollen willkommen geheissen, unterstützt und zur Einbürgerung eingeladen werden. Eine wirksame Fördermassnahme sei zum Beispiel, auf Gebühren zu verzichten.

Das Initiativ-Komitee verlangt objektive Kriterien und faire Verfahren. Veraltete, unsachliche und willkürliche Kriterien sollen abgeschafft werden, zum Beispiel kantonale und kommunale Wohnsitzfristen, welche sich heute nicht mehr rechtfertigen lassen. Auch sei es diskriminierend, wenn Menschen, die Sozialhilfe beziehen müssen, das Bürgerrecht verwehrt bleibe. Die Einbürgerung müsse von einer Verwaltungsbehörde in einem schnellen und günstigen Bewilligungsverfahren erteilt werden. Eine weitere Forderung ist, dass wer in der Schweiz geboren wird, den Schweizer Pass erhält. Eine solche fortschrittliche Regelung sorge für gleiche Chancen für alle hier geborenen Kinder, trage der Vielfalt der Bevölkerung Rechnung und helfe der Schweiz, auch künftig eine lebendige Demokratie mit einem Gleichheits- und Gerechtigkeitsanspruch zu sein.

 

 

Weiterführende Informationen

Demokratie Initiative (demokratie-volksinitiative.ch)

Aktion Vierviertel – Für ein Grundrecht auf Einbürgerung

 

 

Der Standpunkt als PDF

Standpunkte

15.05.2024

Züri City Card nach der gewonnenen Abstimmung vom 15.5.2022

Die Züri City Card wurde durch die urban citizenship oder Stadtbürger:innenschaft inspiriert und orientiert sich an der Vision einer Sanctuary City, in der alle Einwohner: innen alle Rechte ohne Ausgrenzung geniessen.

Die Züri City Card ist somit ein Instrument für die Inklusion der Stadtbewohner:innen. Sie soll die Solidarität unter den Bewohner: innen fördern; die Grundrechte aller wahren und für Sans-Papiers Aufenthaltssicherheit bei Polizeikontrollen ermöglichen.

 

Um was für eine Abstimmung handelte es sich damals?

Um Verwirrung zu vermeiden, erinnern wir uns an das Ziel dieser Abstimmung: Es wurde über einen Rahmenkredit von 3.2 Millionen für die Vorbereitungsarbeiten zur Einführung der Züri City Card abgestimmt.

„Der Rahmenkredit dient dazu, die Züri City Card auszuarbeiten. Dazu gehören technische und organisatorische Abklärungen, die für die Herstellung und Ausstellung des Stadtausweises nötig sind. Die Stadt muss ausserdem Massnahmen einleiten, damit die Züri City Card von der Bevölkerung und wichtigen Stellen getragen wird. Gemäss Stadtrat dürften diese Vorbereitungs- und Umsetzungsarbeiten rund drei bis vier Jahre dauern“ hiess es in einer Mitteilung der Stadt Zürich.

 

Eine kleine Chronologie

Das Projekt begann 2015 in Form eines Hafenforums. Da entstand die Idee, einen Ort zu schaffen, der sich mit einem Hafen identifiziert: das Gefühl der Sicherheit, das mit der sicheren Ankunft in einem Hafen verbunden ist!  Das ursprünglich künstlerische Projekt wurde nachher von einem Verein getragen, der sich seinerseits von der New Yorker ID inspirieren ließ. So entstand der Verein Züri City Card. Der Verein glaubte an die Erstellung der Karte durch die Stadtverwaltung von Zürich, musste dann aber feststellen, dass diese nicht legitimiert war, diese einzuführen. Von da an war klar, dass die Politik, also das Stadtparlament die Einführung der Züri City card machen musste.

Der Verein arbeitete mit Gemeinderät:innen zusammen und diese schafften es, dass am 11. Juli 2018 im Gemeindeparlament eine Motion verabschiedet wurde, die darauf abzielte, von der  Stadtregierung die Einführung eines Stadtausweises zu fordern.  Nachdem zwei juristische Gutachten, die von der Stadtregierung in Auftrag gegeben worden waren, festhielten, dass die Stadt Zürich legitimiert ist, einen solchen Ausweis auszustellen, der auch für die Polizei rechtsgenüglich ist, bekannte sich der Stadtrat knapp zwei Jahre später zur Züri City Card. Zu deren Realisierung forderte der Stadtrat

einen Kredit von 3.2 Millionen. Dieser wurde vom Gemeinderat der Stadt Zürich gutgeheissen. Die rechten Kräfte widersetzen sich dem Projekt mit einem Referendum. So kam es am 15. Mai 2022 zu einer Volksabstimmung in der Stadt Zürich, welche den Kredit aber guthiess.

 

Nach der Euphorie des Sieges folgte seitens des Vereins eine Zeit des Fragens nach der weiteren Legitimierung und der Inaktivität. Für einmal lag die Sache nicht mehr in seinen Händen! Denn ein Arbeitsausschuss der Stadt wurde damit beauftragt, die Modalitäten für die Ausstellung der Karte zu erarbeiten.

 

Um über ein Weiterleben des Vereins zu diskutieren, organisierte der Verein Züri City Card am 26. November 2022 eine Klausurtagung. Dabei wurde beschlossen, den Verein wieder neu zu beleben und inhaltlich zu erweitern. Es braucht den Verein für die kritische Begleitung der Stadtverwaltung bei den Vorarbeiten zur Züri City Card; damit diese auch im Sinn des Vereins umgesetzt wird. Sehr wichtig bleibt der Verein auch bei einer wahrscheinlich zweiten Abstimmung über eine Gesetzesänderung für die Züri City Card – das erneute Referendum von FDP und SVP wird erwartet. Darüber hinaus beschloss der Verein sich für die Weiterentwicklung der ‚urban citizenship‘ in Zürich einzusetzen.

 

 

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Züri City Card nach der gewonnenen Abstimmung vom 15.5.2022
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