Sigi Feigel-Gastprofessur: Projektbeschrieb
2010 wurde das GMS/GRA-Projekt “Sigi Feigel-Gastprofessur für Jüdische Studien an der Universität Zürich“ Wirklichkeit. Das erste Semester startete offiziell am Montag, 22. Februar 2010.
Projektbeschrieb
a) Das Projekt hat zwei Wurzeln:
1. Das Wirken Sigi Feigels, des herausragenden Zürchers jüdischer Herkunft im Sinne eines Sprechers und Vorbildes vieler Menschen der jüdischen Minderheit und der nichtjüdischen Mehrheit in Zürich und in der Schweiz.
Sigi Feigel ist am 28. August 2004 in Zürich gestorben. Sein Wirken als Interpret und Brückenbauer in aufbrechenden Fragen zwischen jüdischen und nichtjüdischen Einwohnern sowie als Fürsprecher für Lebensrecht und Eigenart verschiedener eingesessener und eingewanderter Minderheiten in unserer Bevölkerung ist unvergessen. Seine Bedeutung wurde auf verschiedene Weise gewürdigt, sein Andenken wurde geehrt, u. a. dadurch, dass die Stadt Zürich die neu entstandene Terrasse bei der Gessnerallee „Sigi Feigel-Terrasse“ taufte.
Dieses Gedenken hat uns gefreut. Aber uns bewegt zudem die Frage: Was kann getan werden, dass das, wofür Sigi Feigel lebte und wirkte auf neue, aktuelle Art in die Zukunft weiter lebt und wirkt? Wie kann der selbe offene Geist für Problemlösung, Verständigung und Kulturvermittlung auch ohne Sigi Feigel heute und in Zukunft Wirkung entfalten? Dieses Anliegen führte zum Projekt „Sigi Feigel-Gastprofessur für Jüdische Studien“.
2. Im Rahmen der Universität Zürich fehlt das Fach Judaistik, fehlt ein Lehrstuhl für Judaistik – im Unterschied etwa zum Fach Islamwissenschaft. Wohl wird an der Theologischen Fakultät hebräische Sprache unterrichtet und das hebräische Alte Testament im Sinne der Biblischen Wissenschaft erforscht. Wohl ist am Religionswissenschaftlichen Seminar auch Jüdische Religion im Turnus Lehrgegenstand, aber es fehlt die Möglichkeit, in einer gewissen Kontinuität Jüdische Studien zu treiben.
Die Realisierung des Projekts „Sigi Feigel-Gastprofessur für Jüdische Studien“ würde diesen Mangel wenigstens mit gewisser Reichweite beheben. Dies ist ein Anliegen sowohl einer Gruppe kulturell und interkulturell engagierter Menschen aus dem Umfeld Sigi Feigels, als auch aus dem Kreis der an Fragestellungen Jüdischer Philosophie, Religion, Kultur und Geschichte interessierter Personen Forscher und Studierender.
b) Umrisse des Projekts „Sigi Feigel-Gastdozentur für Jüdische Studien“
Die „Sigi Feigel-Gastdozentur für Jüdische Studien“ ist der Martin Buber-Gastdozentur an der Universität Frankfurt a. M. nachgebildet.
1. Struktur/Kadenz:
Jedes Sommersemester ist ein Professor/eine Professorin von auswärts für ein volles Pensum engagiert, hält Vorlesungen, Seminare, Übungen, leitet Forschungsprojekte mit Studierenden und betreut deren Qualifikationsarbeiten.
Zum Pensum gehört auch eine sogenannte Vorlesung für Hörer aller Fakultäten, welche hier den Charakter einer „Vorlesung für Menschen der ganzen Stadt“ hat und sinnvollerweise abends durchgeführt wird.
2. Themenbereiche:
Grundsätzlich sind alle Themenbereiche möglich, die im Judentum wurzeln und eine Ausstrahlung über das Judentum hinaus haben. Z.B.:
– Jüdische Philosophie und Religionsphilosophie
– Jüdische Religionsgeschichte
– Jüdische Denker in Geschichte und Gegenwart
– Geistige Strömungen im zeitgenössischen Judentum
– Jüdische Geschichte und Zeitgeschichte
– Jüdische Religionswissenschaft
– Geschichte und Zeitgeschichte der europäisch-jüdischen Literatur, Kultur, Kunst
– Soziale Gruppierungen, Fundamentalismus, zeitgenössische jüdisch-zionistische Mythologie
– Geschichte und Kultur des Ostjudentums
– Sephardisches und askenasisches Judentum heute
u. a. m.
3. Dozentinnen/Dozenten:
Der Ordinarius am Religionswissenschaftlichen Seminar der Universität Zürich hat eine Liste von in Frage kommenden Dozentinnen und Dozenten zusammengestellt. Diese umfasst Professorinnen und Professoren aus Paris, Haifa, New York, Boston, Potsdam, Jerusalem, Berkeley, Tel Aviv etc.
4. Kooperation mit dem Institut für Jüdische Studien der Universität Basel:
Um Konkurrenz und Überschneidungen mit dem bestehenden Institut für Jüdische Studien der Universität Basel zu vermeiden und um Synergien zu erreichen, wurde eine entsprechende Absichtserklärung der verantwortlichen Professoren in Zürich und Basel erarbeitet, welcher nach der Realisierung der Sigi Feigel-Gastprofessur rechtliche Verbindlichkeit zukommen soll.
5. Initianten:
Initianten des Projektes sind eine Gruppe von Personen, die dem Freundes- und Bekanntenkreis Sigi Feigels zugerechnet werden können und über Jahre mit Sigi Feigel zusammengearbeitet haben wie Prof. Dr. Werner Kramer, Präsident der Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz (GMS), Dr. Ulrich Bär, Vizepräsident GMS, Dr. Ronnie Bernheim, Präsident der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus. Andererseits gehören Professoren der Universität Zürich zum Kreis der Initianten wie der Religionswissenschafter Prof. Christoph Uehlinger, der Ethiker Prof. Dr. Johannes Fischer, der Philosoph Prof. Dr. Helmut Holzhey.

Die GMS engagiert sich im Trägerverein des Schweizer Memorials
Was ist das Schweizer Memorial für die Opfer des Nationalsozialismus?
Mit dem Schweizer Memorial wird den unterschiedlichsten Opfern des Nationalsozialismus gedenkt. Es versteht sich als Erinnerungsort, Vermittlungsort und Netzwerk in einem.
Seit der Bundesrat im April 2023 entschieden hat, einen Erinnerungsort mit 2,5 Millionen Franken zu errichten, haben, unter Federführung des Eidgenössische Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), Vertreter:innen der Stadt Bern, des Schweizerisches Israelitischen Gemeindebunds (SIG) und des Archivs für Zeitgeschichte (AfZ) der ETH Zürich in Zusammenarbeit mit Fachpersonen intensiv am Projekt gearbeitet und dessen Strukturen aufgebaut und gefestigt.
Der Erinnerungsort ist heute auf der Casinoterrasse in Bern geplant, das «Vermittlungszentrum Flucht» in Diepoldsau.
Ein Trägerverein für das Schweizer Memorial
Seit 2025 gibt es neben des Netzwerkvereins auch den Trägerverein. Ihm obliegt die langfristige Verantwortung für den Erinnerungsort in Bern – insbesondere für dessen Betrieb, Pflege, Sicherheit und dessen Weiterentwicklung. Später kann der Trägerverein eine entsprechen Rolle für das geplante «Vermittlungszentrum Flucht» im St. Galler Rheintal übernehmen. Der Verein versteht sich als Bindeglied zwischen Zivilgesellschaft, Fachwelt und Behörden. Neben dem SIG und dem AfZ ist auch die GMS Mitgründerin des Trägervereins.
Die GMS engagiert sich für ein inklusives, zukunftsgerichtetes Gedenken und bringt ihre
Perspektive auf Minderheitenrechte und Erinnerungskultur ein.
Webseite des Schweizer Memorials
Medienmitteilung Wettbewerbslancierung